Binnengewässer aufwerten! – wissenschaft.de

Wenn es um den Erhalt von Natur und Arten geht, stehen häufig Land- und Meereslebensräume im Mittelpunkt – wie im Fall des Biodiversitätsgipfels der Vereinten Nationen, der derzeit in Montreal stattfindet. Doch ein wichtiger Ökosystemtyp droht in Vergessenheit zu geraten, warnen Wissenschaftler jetzt: Die Bedeutung von Grundwasser wie Seen, Bächen, Flüssen oder Feuchtgebieten für die globale Biodiversität wird bisher unterschätzt.

Quellen, Bäche, Flüsse, Seen, Sümpfe und Grundwasser: All dies und mehr gehört zum sogenannten Grundwasser. Wenn es um Maßnahmen zum Schutz des Planeten geht, werden Binnengewässer jedoch oft als Landgebiete betrachtet. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) stellten fest, dass dies ihrer Bedeutung für Klima und Biodiversität nicht gerecht wird. In einer Stellungnahme mit internationalen Süßwasserexperten forderten sie, dass das Grundwasser bei den Verhandlungen auf dem UN-Biodiversitätsgipfel, der derzeit in Montreal stattfindet, nicht vergessen werden dürfe.

„Die große Relevanz des Grundwassers wird in der internationalen Biodiversitätspolitik noch immer vernachlässigt“, kritisiert IGB-Forscherin Sonja Jähnig. Sie ist Trinkwasserquelle und Lebensraum und damit „Lebensgrundlage für die Natur und auch für uns Menschen“.

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Bedrohungen durch Klimawandel und Menschen

Aber das Grundwasser ist wie andere Ökosysteme gefährdet. Die Lebensräume und Artenvielfalt der Gewässer der Erde nehmen deutlich ab, wie die Wissenschaftler berichteten. Dies gilt auch für im Wasser lebende Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien. Sie „bilden die Grundlage jedes Nahrungsnetzes und leisten einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren eines Ökosystems“, erklärt Jähnigs Kollege Hans-Peter Grossart. Einer der Gründe für den Rückgang der Biodiversität in Flüssen, Seen etc. ist der Klimawandel. Es trifft Binnengewässer härter, weil sie sich schneller erwärmen als die Atmosphäre oder sogar die Ozeane. Ist das Wasser zu warm, haben die giftigen Algenblüten leichtes Spiel. Sie entziehen Seen und Flüssen Sauerstoff, was letztendlich Fische und andere Wasserlebewesen schwächt.

Dass kleine und große Süßwassertiere zunehmend um ihr Leben kämpfen, ist aber nicht die einzige Schuld des Klimawandels. Laut Biologen tragen auch Menschen, die Gewässer mit Schadstoffen vergiften, bauen, umleiten und vermehren, dazu bei, dass die Wasserstraßen der Erde immer schlechter werden. „Millionen von Dämmen und anderen Querbauwerken begünstigen das massive Algenwachstum in Flüssen und hindern Fische daran, in heißen Jahreszeiten kühle Zufluchtsorte zu suchen. Wasserkraftwerke tragen weniger zum Klimaschutz bei als erwartet, weil die Stauseen selbst viele Treibhausgase freisetzen. insbesondere in den Tropen und Subtropen”, erklärt Martin Pusch, ebenfalls vom IGB.

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Die Gleichheit von Meer und Land wird gefordert

Doch auch wenn das Grundwasser für uns Menschen sehr wichtig ist, die Politik nehme die Probleme solcher Ökosysteme nicht ernst genug, kritisieren die Biologen des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Dies ist daran zu erkennen, dass Binnengewässer nicht als eigene Kategorie behandelt werden. Momentan werden sie auf der politischen Bühne entweder den Landgebieten zugeordnet, weil sie darin liegen, oder den Ozeanen, weil sie auch Gewässer sind. Jähnig und seine Kollegen fordern dagegen, Grundwasser künftig als eigene Kategorie zu betrachten – auf derselben Grundlage wie Land und Meer: „Erdgewässer und ihre Biodiversität müssen zusammen mit terrestrischen und marinen Ökosystemen als gleichwertig etabliert werden wichtiger dritter ökologischer Bereich in politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Strategien.

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Grundwasser sollte daher auch beim Biodiversitätsgipfel in Montreal berücksichtigt werden. Gewässerbiologen erhoffen sich von den dortigen Verhandlungen konkrete Schutzziele für das Grundwasser. Zum Beispiel: Förderung der freien Fließfähigkeit von Flüssen und großflächige Verjüngung oder Aufnahme von nützlichen Mikroorganismen in die Liste der schützenswerten Arten. „Süsswasserökosysteme sollten nicht länger nur Nebenschauplatz sein, denn sie können ihre vielfältigen Funktionen als Lebensraum und wichtige Ressource für Mensch und Natur nur dann erfüllen, wenn sie immer wieder geschützt, nachhaltig bewirtschaftet und ökologisch entwickelt werden“, fasst Jähnig zusammen.

Quelle: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

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